4 – Am Rostocker Tor

Wohl fast jeder Künstler in alter und neuer Zeit bemühte sich, das Rostocker Tor auf einen Mal- oder Zeichengrund zu bannen. Es ist unbestritten ein schlichtes, aber markantes und schönes Bauwerk.

Die heutige Bauform stammt aus dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts. Das Tor, eines von ehemals mindestens fünf Zuwegungen durch die Stadtmauer, hat Abrissbedrohungen widerstanden und ist durch Lyonel Feininger weltberühmt geworden. Sehr viele Zeichnungen und nachfolgend druckgrafische und malerische Werke erarbeitete Feininger immer aufs Neue. Die klaren mittelalterlichen Bauformen beeindruckten ihn – wie überall in Deutschland – am meisten.

Die Menschen von Ribnitz vermauerten einst Backstein für Backstein zu einem etwa quadratischen, viergeschossigen wehrhaften Turm, der mit einer spitzbogigen Durchfahrt den Ein- oder Ausgang der Stadt darbot. Feininger hielt die spitzbogigen Zierblendenreihen ebenso fest wie die Fialen als Eckbekrönungen und das oktogonale Abschlussgeschoss.

Diese für Lyonel Feininger typische Arbeitsweise, sich häufig immer aufs Neue einem Sujet zuzuwenden, es vielfältig durchzuarbeiten, trifft auf dieses massive Gebäude ganz besonders zu.

Nicht nur, dass der Künstler etliche schnelle und aufwendige Kohle- und Bleistiftzeichnungen vor Ort erarbeitete; zu den weltbekannten Werken zählen der Holzschnitt „Das Tor“ von 1918 und die Radierung „The Gate“ von 1912. Beide, später im Atelier gedruckten, Kunstwerke können in der „Galerie im Kloster“ bewundert werden. Seine geliebte Julia Berg schrieb im Oktober 1905 an Lyonel Feininger: „Weißt du noch, den einen Abend im Strandkorb? Wir kamen aus unserem Wald? Abends war er für uns der »Wald der Versuchung«, von ferne winkte und leuchtete das »Tor der Sehnsucht«…“

VG Bildkunst 2021